Grafikarbeiten
Auditive Ausstellung| Tiefgarage FH D | Düsseldorf | Juli 2013 | 250 qm
Masterarbeit, betreut von Prof.in Barbara Holzer und Prof. Philipp Teufel
In meiner Masterarbeit »Klangidentität. Oder wie das Leben einer Widerstandskämpferin klingt« erforsche ich die Methode der rein auditiven Vermittlung in Ausstellungen und ihre Auswirkung auf die
Wahrnehmung und das Erleben/Verstehen von Inhalten. Die theoretische Arbeit beschäftigt sich damit, wie das Gehör wahrnimmt, wie diese Wahrnehmung in Ausstellungen funktioniert und welche
Veränderungen die Methode der auditiven Vermittlung für die Rezeption von Inhalten generiert. Um ein Bild der allgemeinen Einstellung von potentiellen Ausstellungsbesuchern gegenüber auditiver
Strategien zu zeichen sowie die Fähigkeit aus Klangsymbolen Informationen zu ziehen abzufragen, habe ich eine Umfrage mit über 120 Teilnehmern gestartet, deren Ergebnisse in der theoretischen
Arbeit zusammengefasst sind. Getestet wurde hier vor allem, welche Klänge und Geräusche welche Gemütsstimmungen widerspiegeln können und wie viele, beziehungsweise welche Informationen man daraus
entnehmen kann. Ausgeschlossen habe ich für mein darauf aufbauendes Experiment, dem praktischen Teil der Masterthesis, die verbal-auditive Vermittlung. In der experimentellen Ausstellung soll
getestet werden, inwieweit man Informationen anhand von akustischen Reizen (hier Klänge, Geräusche) vermitteln und damit die Rezeption eines bestimmten Themas auf eine emotionale Ebene heben
kann.
Die Ausstellung inszeniert das Leben der dominikanischen Widerstandskämpferin und Anwältin Minerva Mirabal, die bis zu ihrem gewaltsamen Tod im Jahr 1960 gegen den damals herrschenden Diktator
Rafael Leónidas Trujillo unter dem Decknamen Mariposa (Schmetterling) kämpfte. Ihr Leben wird in drei (Klang-)Abschnitte geteilt und mittels Musik, Klängen und Geräuschen erzählt. Drei
›begehbare‹ Klangkörper aus OSB bilden die Stationen und geben mit ihrer Formsprache und Größe die Körperhaltung vor, in der die auditiven Informationen über die drei Lebensabschnitte Kindheit,
Widerstand und Tod wahrgenommen werden sollen. Dadurch werden die Stimmungen und emotionalen Kontexte körperlich und akustisch erfahren.
So gleicht die Kindheitsstation einer schmalen, länglichen Höhle, für die man sich mindestens in die Hocke begeben muss und hineinkrabbeln kann, um spielerisch die Musik und die Klänge zu entdecken, die aus Vogelgezwitscher, Kinderlachen und die für die Dominikanische Republik typische Merengue-Melodie bestehen. Gegen Ende verdüstert sich die fröhliche Melodie, die gerade noch eine schöne, unbeschwerte Kindheit darstellen sollte.
Um zur nächsten Station zu gelangen, muss der Besucher aufstehen – ein symbolischer Akt, sich gegen eine Autorität zu erheben und in den Widerstand zu treten. Die Widerstandsstation stellt einen
konisch zulaufenden Tunnel dar, auf dessen linker und rechter Seite Lautsprecher angebracht sind. Bei Eintritt in den Tunnel verspürt man durch die Klänge der linken Seite noch die Energie, die
Motivation und den Tatendrang der marschierenden Widerstandskämpfer. Von der rechten Seite ertönen bedrohliche, dumpfe Geräusche, die immer wieder mit Wortfetzen der Stimme Trujillos versetzt
sind. Beim Durchlaufen des Tunnels wird es nicht nur immer enger und niedriger, sondern es vermischen sich auch die beiden Seiten, die Klänge scheinen immer gefährlicher und unkontrollierter, man
meint Schüsse zu hören, es wird hektisch und chaotisch, bis es zu einem abrupten Ende kommt und man den Tunnel in geduckter Haltung verlässt.
Die letzte Station bietet dem Besucher an, sich hinzulegen, die gesammelten, auditiven Informationen zu verarbeiten und zu reflektieren, um sich ein eigenes Bild von Minerva Mirablas Leben zu
machen. In der Ferne summt eine Frauenstimme, Glocken läuten, es scheint zu regnen. Fünfzig individuelle Flugblätter, die auf dem Boden herumliegen, bilden eine Vertiefungsebene mit knappen,
schriftlichen und teilweise illustrierten Informationen.
Die Tonspuren entwickelte ich zusammen mit dem Musiker und Produzenten Malte Lahrmann.
Die Ausstellung wurde im Rahmen der Werkschau (Juli 2013) der Fachhochschule Düsseldorf in der hauseigenen Tiefgarage gezeigt. Die Resonanz der Besucher war sehr positiv, viele nutzten jedoch gern die Flugblätter, um noch weitere Informationen zu erhalten.
Auf der Internetseite von PLOT wurde das Projekt veröffentlicht:
© Vanessa Zeissig, © Fotos von Clemens Müller